Zu jeder bedeutenden Stadt gehört eine grosse Geschichte. Oder eine Legende. Im Verlaufe unserer heutigen, äusserst vergnüglichen und voll interessanter Informationen gespickten Sightseeing Tour (per Rad) bringt uns unser Guide sowohl das Eine wie das Andere näher.
Starten wir mit der Legende - in komprimierter Form: einst, als die Römer noch die Schelde entlang schipperten in Richtung Meer, sass dort ein Riese, der von allen Schiffen Wegezoll verlangte.
Bei Nicht-Bezahlung hackte er dem Verantwortlichen Schiffer die linke Hand ab, bei Wiederholung die Rechte. Die Schiffer wollten sich aus dieser misslichen Situation befreien und schickten ihren
besten Kämpfer gegen den Riesen. Es gewann natürlich der Kämpfer, dem Riesen wurde die rechte Hand abgehackt und diese ins Meer geworfen, so dass der Riese (der selbstredend komplett umgebracht
wurde) eben nie mehr die Hand aufhalten konnte. Diese Legende manifestiert sich im Brunnen am Groote Markt, im Herzen der Antwerper Altstadt.
Sie zieht sich aber ominpräsent durch Antwerpen, denn die Hand wurde zum Symbol der Stadt, man findet Hände überall, wenn es um Antwerpen geht.
Gleich darauf begeben wir uns, nach kurzem Schlenker über das beeindruckende Haupthaus von The chocolate line ( das sind die mit dem Chocolate Shooter) zum Rubens Haus. Hier bekommt man einen
einzigartigen Einblick in das Leben und Werken des grossartigen Malers, aber, wie wir seit heute wissen, auch grossartigen Geschäftsmannes. Zu verstehen, warum, wie was genau gemalt wurde, oder
auch nicht, für wen und von wem fasziniert uns aufs Äusserste, und ich habe mich selten einem Künstler so nah gefühlt wie in diesen rd. 45 Minuten im Rubenshaus.
Nach so viel Geschichte wird es Zeit, Einblicke in das aktuelle Geschehen in Antwerpen zu gewinnen. Hier finden Anfang August die World Outgames statt, ein grosses schwul-lesbisches Sport und
Kulturevent. Es werden rd. 5-6 Tausend Sportler erwartet sowie täglich rd. 20 Tsd. Teilnehmer am Kulturprogramm. Neben den 31 Sportwettbewerben wird u.a. eine Human Rights Konferenz abgehalten,
sowie ein Chorfestival und auch der Antwerper Gay Pride. Im Mittelpunkt diese Spiele steht der Integrationsgedanke, aber auch der Austausch zwischen den Teilnehmern aus aller Welt. Dass solche
Veranstaltungen längst nicht Schnee von gestern sind wird einem noch einmal deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass noch immer in rd. 70 Ländern weltweit Homosexualität erheblich unter
Strafe steht, zum Teil sogar unter Todesstrafe. Jeder ist, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung im Übrigen eingeladen und aufgerufen, an diesen Outgames teilzunehmen, sei es als Sportler,
als Volunteer oder einfach Besucher der Veranstaltungen. Wir treffen das Organisationsteam zum Lunch, und bestaunen, mit wie viel Engagement, aber auch beeindruckender Professionalität hier seit
rd. 3 Jahren an der Planung und Vorbreitung des Grossevents gearbeitet wird.
Dass Antwerpen eine offene und tolerante Stadt ist, wird untermauert, als wir durch das chinesische und jüdische Viertel radeln und auch das türkische und afrikanische Viertel streifen. 174
Nationalitäten sammeln sich im Melting Pot Antwerpen, das sich bewusst dazu entschieden hat, sich internationalen Kulturen zu öffnen und dies gezielt in die Stadt zu locken bzw. diese hier zu
halten. Sicher auch aus ökonomischen Motiven heraus, aber einmal mehr erleben wir, wie zukunfts-orientiert hier in Antwerpen geplant und gedacht wird. Ein weiterer Aspekt dieser Stadtplanung
zeigt sich in der derzeitigen Umsetzung des sogenannten S.T.O.P. Konzepts. Ein Verkehrskonzept, bei dem die Priorisierung von Fussgängern, Radfahrern und dem öffentlichen Verkehr gegenüber dem
motorisierten Individualverkehr im Vordergrund steht. Hierzu gehören neben der Strassenplanung und -gestaltung auch die umsichtigen Konzepte wie z.B. der Fahrradverleih incl Full-Service Package
oder die Rail-Bike Tickets. Allein schon tausende von Rädern sind unter dem gigantischen Hautpbahnhof - der Centraal Station - geparkt.
Dieser ist als Gesamtkunstwerk beeindruckend, sowohl sein "alter" Teil, als auch die Ausbauten, so dass er nicht zu Unrecht zu den attraktivsten Bahnhöfen weltweit zählt und die Belgischen
Bahnhofsbauer derzeit in Russland sehr gefragte Projektpartner sind.
Doch zurück zum Leben in der Stadt, das sich als recht lebenswert herausstellt: überall sitzen Leute bei gutem Wetter in den Cafes, laden verführerische Restaurants zum Essen ein, flanieren
Menschen die Einkaufsmeile und am Fluss entlang. Wir könnten noch Stunde um Stunde verbringen, um die gesamte Vielfältigkeit zu beschreiben und doch wäre es doch immer nur ein kleiner, ganz
kleiner Ausschnitt von dem, was man erleben kann. Diamant-Zentrum, Modestadt und das neue, architektonisch herausstechende MAS (Museum am Strom). Kunstmuseen, Denkmäler und Mahnmale; an jeder
Ecke verbirgt sich ein Stück Geschichte, die eigentlich noch erzählt werden sollte.
Doch wir müssen leider schon wieder weiter. So bleibt auch hier nur zu sagen: besuchen, es lohnt sich!
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